Findest du auch nie einen Block, Kugelschreiber oder Textmarker im Büromateriallager, wenn du ihn brauchst? Oder nerven dich die Kollegen mit Anfragen nach Klebezetteln, weil du die Person bist, die sie bestellt und sich mit dem internen Einkauf und der Bestellplattform im 90er-Jahre-Look herumschlagen muss?
Sobald die nächste Lieferung eintrifft, nimm dir lieber ein paar mehr Dinge mit und lagere sie in deinem abschließbaren Rollcontainer – nur für dich oder maximal deine Lieblingskollegen.
Wenn der Wert in Euro aller privaten Büromateriallager zusammengerechnet wird, kommt in vielen Unternehmen eine ordentliche Summe zusammen. Wir erleben, dass die meisten mit diesem Modus unzufrieden sind – Verbraucher wie Besteller, interner Einkauf und die die Bestellungen freigebende Person. Das Dumme ist jedoch, dass die Produktivität der Menschen blockiert wird, die gerade etwas brauchen. Zieht eine Abteilung um oder verlässt jemand das Unternehmen, haben viele Materialien, die gefunden werden, ihr Haltbarkeitsdatum überschritten und werden weggeworfen.
Zeit-, Produktivitäts- und Materialverschwendung können leicht reduziert werden. Organisiert das Büromateriallager als Kanban-Regal. In der Produktion wird das schon seit vielen Jahren eingesetzt und die Lagerung erfolgt nach dem First-in-First-out-Prinzip. Was in der Steuerung von Produktionsprozessen hilft, hilft auch dafür zu sorgen, dass ihr Briefumschläge, Klarsichtfolien, Druckerpapier, Stifte, Klebezettel, Ladekabel und was man sonst so an Büromaterial im Einsatz hat, immer vorrätig zu haben und dabei die gebundenen Kosten so gering wie möglich zu halten.
Nehmt ein Regal und sucht das gesamte Büromaterial eurer Abteilung zusammen, löst alle privaten Lager und Lager 2 bis 25 auf. Wir sind immer erstaunt, wie viel hier zusammenkommt. Sortiert das Material nach Art in einem Fach oder in einer Kiste – je nach Art und Größe der Regalböden. Büroklammern zu Büroklammern, Tackernadeln zu Tackernadeln und so weiter.
Bestellt euch Kanban-Beleghalter oder etwas Ähnliches passend zur Größe der Kisten oder Breite der Regalböden. Wichtig ist, dass ihr an einem definierten Ort kleine Kärtchen einstecken könnt. Pro Artikel benötigt ihr drei Zettel in den Farben grün, rot und gelb. Auf jedem dieser Zettel stehen:
- der Artikel in eindeutiger Bezeichnung, z. B. Whiteboard-Marker schwarz, nachfüllbar,
- die Mindestmenge z. B. 5 Stück,
- die Bestellmenge z. B. 20 Stück,
- zusätzliche Informationen auf der Rückseite.
Die Mindestmenge gibt an, wann der Nachbestellungsprozess angestoßen wird. Die Bestellmenge gibt an, wie viel nachbestellt wird. In großen Systemen ist es sinnvoll, Lieferanten, Bestellnummer(n) und Ansprechpartner auf die Rückseite zu schreiben.
Je nach Beschaffungsprozess und Häufigkeit von Bestellzyklen bestimmt ihr nun die Menge jedes Gegenstandes, die nicht unterschritten werden darf (Mindestmenge), z. B. 10 schwarze Kugelschreiber sowie die Bestellmenge z. B. 30 Stück. Berücksichtigt hierbei die Häufigkeit des Verbrauchs sowie die Dauer einer Bestellung.
Die drei Farben der Zettel, die hintereinander im Kanban-Beleghalter stecken, haben folgende Bedeutung:
- Grün = oberhalb der kritischen Bestellmenge, alles im wortwörtlich grünen Bereich.
- Rot = kritische Bestellmenge ist unterschritten, bitte bestellen.
- Gelb = Bestellung getätigt und wir warten auf die Lieferung.
Bleiben wir bei dem Kugelschreiber-Beispiel: In einem Fach befinden sich die schwarzen Kugelschreiber – das grüne Schild steckt vorne. Nimmt jemand den 10. Kugelschreiber aus der Packung, wird die Mindestmenge von 10 unterschritten, es sind nur noch 9 Kugelschreiber da. Er steckt nun das rote Schild nach vorne. Regelmäßig, z. B. einmal pro Woche, geht die Person, die die Bestellungen für das Büromateriallager tätigt, zum Regal, nimmt alle roten Kärtchen mit und steckt die gelben Kärtchen nach vorn. Sie tätigt die nötigen Bestellungen – von den Kugelschreibern werden also 30 Stück bestellt. Sind die Bestellungen ausgelöst, werden die roten Kärtchen wieder hinten in die Beleghalter gesteckt, die gelben Karten bleiben vorn. Erst wenn die Ware eingetroffen und einsortiert ist, werden wieder die grünen Kärtchen nach vorn gesteckt. Dahinter bleiben die roten und die gelben.
Es wird auf diese Weise nur das bestellt, was gerade verbraucht wurde, und alle Beteiligten sehen den aktuellen Status des Gegenstands. Weiterhin ist am Vorhandensein der roten Karte zu sehen, ob die Bestellung schon ausgelöst ist oder nicht.
Der initiale Aufwand mag zeitaufwendig erscheinen. Einmal installiert ist das Kanban-Büromaterial-Lager nach einer anfänglichen strengen Erziehungs-, Vorlebe- und Erklärungszeit jedoch ein Selbstläufer. Kanban fördert Achtsamkeit und Selbstorganisation. Außerdem ist es eine gute Möglichkeit, um zu erleben, dass Kanban eine Methode zur Prozessoptimierung ist, den Durchlauf verbessert sowie Wartezeiten eliminiert. Ist dieses Prinzip einmal verstanden, kann es überall im Unternehmen verwendet werden. In der Küche, bei Reinigungsmitteln, für Glühlampen und natürlich für Produktionsmittel. Überall wo Mitarbeiter diese Kärtchen sehen, wissen sie, wie der Prozess funktioniert.
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